Warum das Netzwerk zum Klimawandel beiträgt. Wie die Staatsanwälte Facebook jagen. Und warum Donald Trump sich genau darum für Mark Zuckerberg interessiert.
Gegen Mark Zuckerberg war John D. Rockefeller ein armer Wurm. Rockefellers Vermögen betrug einst 900 Millionen Dollar, was heute geschätzten 23 Milliarden Dollar entspräche. Der Facebook-Chef verfügt über 70 Milliarden. Rockefeller, Nachkömmling von Auswanderern aus dem Westerwald, hatte skrupellos ein Treibstoff-Monopol aufgebaut. Von der Quelle über Pipelines, Transport, Raffinerien bis zum Handel kontrollierte Rockefellers Standard Oil Company bis zu 70 Prozent des Weltmarktes. Das war selbst dem Kapitalismus zu viel. Monopole vergiften die Marktwirtschaft, nur Wettbewerb hält die Preise niedrig. US-Präsident Roosevelt ließ vor mehr als 100 Jahren Rockefellers Imperium zerschlagen.
Womit wir bei Zuckerberg und Trump wären. Der amtierende US-Präsident hätte gute Gründe, den Monopolisten Facebook zu zerlegen. Das globale Netzwerk ist ein digitales Standard Oil, gejagt von Generalstaatsanwälten aus 50 Bundesstaaten. Was aber, wenn der US-Präsident, wie gewohnt, das Ich über das Wir stellt: Trump schont Facebook, Zuckerberg hilft im Wahlkampf?
Lassen sich Öl-Kartell und globale Meinungsmaschine überhaupt vergleichen? Ja und Nein. Die Ware ist eine andere, die Monopolposition ähnlich. Das Netzwerk dient über zwei Milliarden Menschen oft als einzige Informationsquelle und Manipulatoren damit als günstiger Hebel. Im Gegenzug fürs kostenlose Netzwerken bekommt Facebook privateste Daten, die wiederum verkauft werden.
Weil Wut und Hass weit besser klicken als Katzenbilder, trägt Facebook wie einst Standard Oil zu einem Klimawandel bei. Beide sorgen für dicke Luft, der Ölmulti mit Emissionen, das Netzwerk mit Hetze und dem Irrglauben, die Welt sei aus den Fugen. Facebook befeuert eine globale Angstkultur, die Gesellschaften zerreißt und Gewalttaten begünstigt. Und es lohnt sich noch. Denn mehr Horror führt zu mehr Aufmerksamkeit führt zu mehr Werbeerlösen. Gewinne privatisieren, Schäden vergemeinschaften – da läuft was schief.
Nun könnte der Weltkonzern gegen Hass und Lügen vorgehen. Twitter etwa will ab sofort keine politischen Kampagnen mehr annehmen. Für Facebook dagegen gehört das Verbreiten von Mist zum Geschäft. Das Unternehmen weiß, welche Menschen wie denken und vor allem fühlen; nie war systematisches Manipulieren einfacher, gestützt von Statistiken, welcher Typus Wähler mit welchen Filmchen aufzuhetzen ist. Wahrheitsgehalt? Egal. Schon Trumps erster Sieg war offenbar den Datenhexern von Cambridge Analytica zu verdanken, die auch beim Brexit-Referendum aktiv waren, wie der Dokumentarfilm „The Great Hack“ zeigt.
Und der Chef? Stammelt. Ob sein Unternehmen eine Dreckschleuder sei, ob sich Menschen mit Facebooks Daten gezielt manipulieren ließen, wurde Zuckerberg von der smarten Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez gefragt. „Nun …Ääh … ob Sie die Frage noch mal wiederholen …“, stammelte der Milliardär. Die Wahrheit lautet schlicht: ja. Die Lüge, getarnt als freie Meinungsäußerung, gehöre zum Geschäftsmodell, urteilt die New York Times. Unlängst postete Donalds Trump ein Video auf Facebook, in dem er den Demokraten Joe Biden wahrheitswidrige Vorwürfe machte. Fakten-Check? Null. Und das ist erst der Auftakt. Angesichts des Amtsenthebungs-Verfahrens flutet das Trump-Team die sozialen Netzwerke mit Bildern, Filmen, Sprüchen, die auf hohe Wirksamkeit hin getestet wurden. Für die Stimmungsschwemme werde eine Million Dollar pro Woche aufgewendet, sagt Senatorin Elizabeth Warren.
Was läge für zwei Dealmaker aus Washington und Kalifornien näher, einander stillschweigend zu helfen? Trump schont Facebook noch ein Weilchen, Zuckerberg liefert, was der wackelnde Präsident für sein politisches Weiterleben braucht. Das klappte schon 2017. Und war nicht zu verhindern. Fakt ist: Allein ist jeder ein Problem, gemeinsam sind die zwei Angeschlagenen eine globale Gefahr.
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