Gute Vorsätze fürs neue Jahr? Was sich Hajo für sein digitales Leben vorgenommen hat.
Gute Vorsätze sind wie Silvesterknaller. Sie fühlen sich einen Moment lang gut an, und dann liegen die schmutzigen Reste ewig lange rum und nerven. Meine guten Vorsätze beschränken sich für 2020 auf mein digitales Leben. Warum? Weil ich eine digitale Schlampe bin. Mag mein Schreibtisch wunderbar aufgeräumt aussehen; in Rechner und Smartphone herrscht heilloses Durcheinander. Statt „Vorsatz“ spreche ich allerdings neudeutsch von „Projekt“ – das klingt weniger nach Scheitern.
Projekt 1: Router programmieren
Ich gestehe: Wir sind gescheitert. Seit Jahren versuchen wir dem Kind, 14, und uns Eltern auch, einen selbstverantwortlichen Umgang mit dem Smartphone beizubringen. Kein Handy beim Essen, erstmal Hausaufgaben, kein Bildschirmglotzen bis tief in die Nacht – doch was immer wir an Regeln aufgestellt haben, wurde schon bald hintertrieben. Nur noch eine Serienfolge, die letzte unheimlich wichtige Mail aus der Redaktion. Irgendein Unsinn ist ja immer. Deswegen greifen wir im neuen Jahr zu einer radikalen Maßnahme: WLAN-Diät von 21 Uhr bis 7 Uhr. Über Sonderregelungen zum Wochenende können wir gern verhandeln. Zuvor allerdings muss ich begreifen, wie ich diesen elenden Router dazu bekomme, das WLAN zu den gewünschten Zeiten ab- und wieder anzustellen, ohne dass das Kind die Maschine hackt.
Projekt 2: Smartphone aktualisieren
Das Gespräch mit IT-Sicherheits-Guru Mark Semmler hat mich ebenso erschrocken wie überzeugt. Ich gestehe: Ich gehöre zu jenen Zeitgenossen, die aus lauter Ungeduld achtlos auf „Okay“ klicken, wenn eine App fragt, ob sie Standort, Kamera oder Adressverzeichnis nutzen darf. Was die wenigsten Menschen wissen: einmal „Okay“ bedeutet immer „Okay“. Ich gebe praktisch für den Rest meines Lebens alle privaten Daten weg, die mein Smartphone sammelt. An wen? Wofür? Keine Ahnung. Das muss sich ändern. Ich werde meine Einstellungen aktualisieren und etwaige Erlaubnisse so weit als möglich eingrenzen oder zurückziehen. Ja, das kostet ein wenig Zeit und Mühe, weil ich mir auf YouTube oder sonstwo ein paar Anleitungen anschauen muss. Aber: Der größte Feind des Datenschutzes ist nun mal die eigene Bequemlichkeit, also ich selbst. Seien wir ehrlich: Wer sich stundenlang auf Facebook oder Netflix herumtreibt, der wird auch die Zeit finden, einen Nachmittag über die Smartphone-Einstellungen zu gucken.
Projekt 3: Privacy am Laptop
Während das Smartphone über halbwegs frische Software verfügt, ist der heimische Laptop meist nicht auf dem neuesten Stand. Also gilt auch hier: das große Reinemachen. Und das ist gar nicht so schwierig. Ausgerechnet die großen Datensammler Google und Facebook werben mit ganzseitigen Anzeigen leutselig dafür, wie einfach es doch sei, die individuell gewünschte Dosis Privatheit einzustellen. Das werden wir mal versuchen.
Projekt 4: Tapfer sein
Obgleich ich inzwischen ein modernes Smartphone besitze, trage ich keinen einzigen Social-Media-Dienst mit mir herum. Ich kann weder Facebook noch Instagram noch Twitter unterwegs aufrufen. Schlimm? Nö. Etwa einmal die Woche mache ich irgendwo ein Foto, das ich für umgehend verbreitungswürdig halte, muss mich dann aber gedulden, bis ich zu Hause am Rechner sitze. Ist das Bild dann noch in meinem Kopf, poste ich es eben vom Laptop aus. Und wenn´s verschwunden ist, war´s wohl nicht so wichtig. Das Internet kommt sehr gut ohne meine Beiträge aus. Tapferkeits-Vorsatz fürs neue Jahr: Weiterhin allen Social-Media-Apps widerstehen.
Projekt 5: Ecosia nutzen
Die elende Macht der Gewohnheit: Wie fast die ganze Menschheit suche auch ich automatisch mit Google. Dabei gibt es eine wunderbare Alternative: Die Suchmaschine Ecosia, vor zehn Jahren von dem Deutschen Christian Kroll erfunden, verkauft erstens keine Daten und pflanzt zweitens mit einem Teil der Erträge Bäume, schon fast 80 Millionen. Für 2020 gilt: mehr Ecosia wagen.
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