Wer oder was sind diese Bots eigentlich, von denen jetzt alle reden? Müssen wir uns schon wieder fürchten? Sicherheitshalber schon, meint Hajo.

 

 

Guten Tag. Raten Sie mal, wer diesen Text geschrieben hat: Wieder dieser Schumacher oder eine heiter-optimistische Software, nennen wir sie „Achim“, die jetzt an seiner Stelle arbeitet? Okay, ein etwas plumper Täuschungsversuch. Aber die Bots kommen. Duplex, die neue Bot-Software von Google, soll derartig echt klingen, dass selbst Profis keinen Unterschied mehr erkennen zwischen Mensch- und Maschinen-Text. Anlass genug für die Panik der Woche, denn einige Arbeitsplätze im Mediengewerbe dürften für immer frei werden.

 

Wer oder was sind diese Bots, von denen jetzt alle reden? Zunächst mal sind Bots – kommt von “Robots“, nicht von „Bottrop“ – weder gut noch böse, sondern elektronische Dienstboten, die uns Menschen das nächtelange Rumhängen im Netz ersparen, wenn wir mit verquollenen Augen nach einem Schnäppchenflug fahnden. Bots können in Telefon-Hotlines rumhängen oder die Einkaufsliste abarbeiten. Bots lassen sich allerdings auch zu miesen Zwecken abrichten. Mit einer Software für ein paar hundert Euro lassen sich Bots für 10.000 Twitter-Accounts steuern. Denn die kleinen, schlauen Programme können sich aufführen wie Facebook- oder Twitter-Nutzer, die „Likes“ verteilen, pesten, juxen, wüten, scharfrichtern. Was man halt so macht im Netz. Und da wird´s gespenstisch. Vor zwei Jahren verriet mir ein Politiker, dass angeblich über 200.000 Bots bereitstünden, um die Bundestagswahl zu manipulieren. Auftraggeber? Keine Ahnung. Ziel? Unklar. Zeitpunkt des Angriffs? Jederzeit. Welche Szenarien wären denkbar? Kandidaten könnten hochgelobt oder niedergemacht werden, etwa für ihren Auftritt im TV-Duell. So soll es bei Donald Trump gewesen sein. Emotional geladene Themen lassen sich überfallartig hochziehen. So soll es beim Brexit-Referendum gelaufen sein. Bis der Unfug als solcher identifiziert ist, kann eine Wahl längst entschieden sein.

Zwar ist die feindliche Armee 2017 nicht losmarschiert, aber die Panik der Politik ist seither nicht geringer geworden. Weil ein guter Bot objektive politische Informationen liefern kann, ein böser dagegen gnadenlos manipuliert, findet sich kein Konsens in der Politik im Umgang mit den elektronischen Identitäten. Auch eine eindeutige Kennzeichnung ist kaum umzusetzen. Wie sollen Millionen Bots, die irgendwo auf der Welt geschaffen wurden und natürlich alle ein schickes Profilbild haben, umgehend zweifelsfrei identifiziert werden? Facebook und Twitter wiederum haben wenig Interesse, ihre Nutzerzahlen nach unten zu korrigieren, wenn sie die Bots einfach vor die Tür setzen. Eine Selbstverpflichtung aller Parteien, auf Bots bei EU- oder Landtagswahlen 2019 zu verzichten, wird es auch nicht geben. Wenn einer anfängt, sich tausendfach von Programmen feiern zu lassen, werden die Mitbewerber kaum stillhalten.

Und da wird es unübersichtlich. Wir Journalisten, Politiker, Wirtschaftsmenschen, aber auch ganz normale Netznutzer leiten die Wichtigkeit eines Themas, Produkts oder einer Person von deren Menge an Klicks, Likes und Shares ab. Bots treiben diese Kennzahlen vollautomatisch in die Höhe und verändern damit Debatten. Dabei geht es weniger darum, Stimmungen zu drehen, als vielmehr zu verstärken. Der Informatiker Björn Ross, Doktorand an der Universität Duisburg-Essen, hat untersucht, inwieweit Bots geeignet sind, Internet-Nutzer zum Schweigen zu bringen, die sich mit ihrer Meinung in der Minderheit sehen. „Was uns gewundert hat“, so Ross, „ist, wie wenige Bots notwendig sind, um eine Stimmung zu kippen.“ Der Forscher ist sicher, dass der Bot-Trend aus den USA und Großbritannien nach Deutschland schwappen wird. Und wie mit den miesen kleinen Manipulatoren umgehen? „Aufmerksam bleiben“, sagt Ross. Oder einfach einen Bot zum Enttarnen von Bots anschaffen.

 

Wie Bots funktionieren und was sie anstellen, das erklärt Björn Ross hier.